Darf das Finanzamt ein P-Konto pfänden?

Darf das Finanzamt ein P-Konto pfänden?

23.03.2017 von frankklein78
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Hallo und guten Tag,
ich habe neulich etwas vom sogenannten P-Konto gehört, was vor Pfändung schützen soll. Nun stelle ich mir aber die Frage, ob dort wirklich keiner pfänden kann/darf - oder hat das Finanzamt wie so oft Sonderrechte und darf auch das P-Konto pfänden? Kann hier einer helfen? Danke..

Antworten: 3

Beste Antwort
jurafan
jurafan 14.07.2017

Hallo Frank,

auch wenn ich mit meiner Antwort relativ spät dran bin, versuche ich dennoch, Deine Ausgangsfrage zu beantworten. Ich kann mir vorstellen, dass durchaus viele Menschen immer wieder vor der gleichen Problematik stehen und Hilfe bzw. Informationen suchen.

Vorab möchte ich aber ausdrücklich betonen, dass ich KEIN Rechtsanwalt bin und meine Antwort daher auch keine Rechtsberatung darstellt. Ich befasse mich aus Hobbygründen sehr viel mit der Juristerei und gebe das Gelernte gerne weiter - für eine rechtlich abgesicherte Antwort also bitte einen Fachanwalt konsultieren, wenn Dir das nötig erscheint!

Um nun auf Deine Frage einzugehen:

Darf das Finanzamt ein P-Konto einfrieren oder pfänden?

Die kurze Antwort lautet: Ja.

Es gibt allerdings ein ABER - und genau dieses ABER sollte jeder kennen, um sich sicher mit dem Finanzamt auseinandersetzen zu können, sofern sich in diesem Bereich Probleme ergeben.

Wie bereits ein Vorredner anmerkte, darf das Finanzamt (und jeder andere Gläubiger mit entsprechendem Titel) durchaus auch ein P-Konto pfänden. Er darf aber NICHT das Konto als Ganzes einfrieren. Das P-Konto wurde eigentlich genau aus diesem Grund überhaupt eingeführt: als Schutz gegenüber Zwangsmaßnahmen seitens der Finanzbehörde, um den Schuldner nicht vollständig in den Ruin zu treiben.

Sinn war und ist es, dem Schuldner trotz Pfändung & Konteneinfrierung die Zahlung regelmäßiger, wiederkehrender und existenzieller Kosten zu ermöglichen (Miete, Strom, Wasser, Lebensmittel usw.).

Um das zu gewährleisten, wurde ein Grundfreibetrag eingerichtet, der nach meinem letzten Kenntnisstand für Alleinstehende bei 1028,89 € liegt (der Betrag kann sich mittlerweile etwas nach oben korrigiert haben). Nur Geldbeträge, die über diesen Kontostand hinausreichen, dürfen durch Zwangsmittel eingezogen werden.

Jetzt kommt es noch auf die individuelle Situation des Schuldners an. Existieren Unterhaltspflichten? Werden Pflegegelder bezogen? Diese und noch einige Faktoren mehr schieben die Höhe des Grundfreibetrags noch deutlich nach oben. Folgende Freibeträge kommen auf den Grundfreibetrag oben drauf, wenn z.B. Unterhalspflichten vorhanden sind:

  • Unterhaltspflicht gegenüber 1 Person: 387,22 €
  • Unterhaltspflicht gegenüber 2-5 Personen: 215,73 € je Person

Zur Verdeutlichung hier ein kleines Beispiel:

Familienvater mit 3 Kindern, denen gegenüber er unterhaltspflichtig ist (das gilt auch bei einer intakten Familie - es muss keine Trennung gegeben sein!)

Schulden beim Finanzamt: 3.000,- / monatliches Einkommen: 2.120 €

  • Grundfreibetrag: 1.028,89 €
  • Erhöhung durch Unterhaltspflicht Kind 1: 387,22 €
  • Erhöhung durch Unterhaltspflicht Kind 2: 215,73 €
  • Erhöhung durch Unterhaltspflicht Kind 3: 215,73 €
  • Durch Nichts und Niemanden pfändbarer Freibetrag: 1.847,57 €
  • Gehaltseingang: 2.120 €
  • Pfändungsfreibetrag gesamt: 1.847,57 €
  • Durch das Finanzamt pfändbarer Betrag: 272,43 €

Die Bank MUSS den Geldbetrag bis zur Pfändungsfreigrenze freigeben - unabhängig davon, wer da eine Kontopfändung etc. veranlasst hat. Das Finanzamt hat bei einem P-Konto KEINE Sonderrechte.

Bitte beachten: Die Erhöhung des Pfändungsfreibetrags muss bei der Bank durch entsprechende Nachweise belegt werden.

arthur
arthur 25.03.2017

Die Abkürzung P-Konto bedeutet „Pfändungsschutzkonto“. An sich ist es ein Girokonto, so wie man es kennt. Aber es ist mit einem Pfändungsschutz für einen Betrag von 1073,88 € im Monat versehen.

Auf solch ein P-Konto hat jeder Kontoinhaber – Angestellte, Selbständige, Rentner – seit dem 1. Juli 2010 ein Anrecht. Es soll eine „angemessene Lebensführung“ von Menschen mit Schulden sicherstellen. Große Sprünge lassen sich mit diesem Monatsbetrag natürlich nicht machen. Aber man kann wenigstens einkaufen, die wichtigsten Rechnungen wie Miete und Nebenkosten weiterbezahlen und steht nicht, so wie früher, vor dem Problem völlig handlungsunfähig zu sein.

Geregelt ist dieser Grundfreibetrages nach § 850c, Absatz 1, Satz 1 Zivilprozessordnung. Man muss sich darum selbst darum kümmern, dass das Girokonto zu einem P-Konto wird. Das funktioniert nicht automatisch.

Entscheidet man sich dafür, werden in der Regel zuerst die Kreditkarten eingezogen.

Die Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto ist kostenlos und muss innerhalb von vier Tagen geschehen. Gemeinschaftskonten können nicht in ein P-Konto umgeändert werden. Daraus müssen wieder Einzelkonten werden. Erst dann gibt es Pfändungsschutz.

Normale Girokonten haben, soweit ich weiß, keinen Pfändungsschutz. Wer also Schulden hat und mit einer Kontopfändung rechnen muss, sollte sich frühzeitig um die Umwandlung kümmern.

Das P-Konto kann dennoch gepfändet werden, wenn darauf mehr Geld lagert als der Grundfreibetrag. Sonst ist es wirklich geschützt.

frankklein78
frankklein78 25.03.2017

Guten Morgen @arthur,

danke, aber leider beantwortet Deine tolle Antwort meine Frage nicht. Was ein P-Konto ist, weiß ich ja. „lachen“-Emoticon Die Frage war, ob das Finanzamt Sonderrechte hat und trotzdem an dieses Konto kann. Wer weiß das?

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