Drittes Geschlecht, ist das ein Scherz?

Drittes Geschlecht, ist das ein Scherz?

09.11.2017 von annaina
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Hallo! Meine Mutter hat mir heute Nachmittag erzählt, dass es bald neben "männlich" und "weiblich" noch ein drittes Geschlecht geben soll. Ich dachte wirklich sie macht einen Scherz und will mich auf den Arm nehmen, aber das steht ja tatsächlich in den Nachrichten, überall!

Sagt mal, sind unsere Politiker noch ganz sauber in der Oberstube?? Ist bei denen noch alles richtig? Haben wir etwa in Deutschland keine anderen Probleme, als so einen Mist? 16 Millionen Deutsche sind von Armut und Ausgrenzung bedroht, es herrscht ein absoluter Bildungsnotstand, und die Leute trauen sich aus Angst vor Anschlägen und Übergriffen kaum noch auf die Straße. Und dann haben die nichts Besseres zu tun, als sich so einen Kram auszudenken? Das ist ja bald wie in der Comedy-Show.

Was sagt Ihr denn dazu? Und wie soll das dritte Geschlecht denn heißen? "ohne Geschlecht"? "geschlechtslos"? Ich bin fassungslos.

Antworten: 6

Beste Antwort
verbena
verbena 09.11.2017

Ich möchte da noch einen anderen Blickwinkel einwerfen, denn das jetzt veröffentlichte Urteil betrifft keineswegs eine minimale Randgruppe. Zwar sind intersexuelle Menschen in der Minderheit, aber in Deutschland leben schätzungsweise zwischen 80.000 und 100.000 Personen mit nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen. Ich finde es also völlig legitim, diese Menschen auch zu erfassen und nicht zwanghaft in eine vorgegebene Schablone zu pressen, in die sie einfach nicht passen.

Hilfreich ist hier, sich einmal in diese Menschen hineinzuversetzen. Das klappt ganz gut, wenn wir ein für uns völlig normales Beispiel nehmen:

Nehmen wir an, ihr müsst euch auf einem Formular entscheiden, ob ihr blaue oder grüne Augen habt. Eure Augen sind aber weder blau noch grün, sondern braun. Kreuzt ihr dann an, dass sie blau sind, weil es für euch keine Option gibt?

Ich empfinde das Urteil vor allem als gute Gelegenheit den eigenen Horizont zu erweitern und zu erkennen, dass es eben Menschen sind, die weder Mann noch Frau sind, aber trotzdem Menschen. Und für die Betroffenen gibt es die Chance, ohne psychische Belastungen durch das zwanghafte Hineinzwängen in eine Rolle, die ihnen nicht passt, aufzuwachsen und zu leben. Das hat doch nun wirklich jeder Mensch verdient.

Der Verwaltungsaufwand ist sicher enorm. Aber war er das nicht auch, als Frauen wählen durften, wo sie es jahrhunderteland nicht durften. Sollte man es deshalb lassen? Sehe ich nicht so.

susanne45
susanne45 09.11.2017

Ich bin auch fassungslos, mit was die Politiker da ihre Zeit verbringen. Das ist für mich genauso ein Schwachsinn, wie die weibliche Form auch immer zu schreiben, also „liebe Schüler, liebe Schülerinnen“ oder den Zusatz unter einem Text, dass hier nur die männliche Anrede verwendet wurde, die weibliche aber auch immer gemeint ist. Und die für Zwitter künftig auch? Er, sie, es?

Außerdem sind intersexuelle Personen ja gar nicht geschlechtslos, sondern haben im Gegenteil Merkmale beider Geschlechter. Als irgendwas wird so ein Mensch ja leben, also entweder als Mann oder als Frau. Das sollte dann auch im Pass stehen, auch wenn bei der Geburt etwas anderes eingetragen wurde. Ich fände es eher diskriminierend für ein Kind, wenn es als Nichts oder Neutrum eingetragen würde!

sparmami
sparmami 09.11.2017

Ich bin zunächst auch von einem vorzeitigen Aprilscherz ausgegangen, aber es scheint ja tatsächlich schon gemachte Sache zu sein. Wenn man bedenkt, was da alles an Änderungen und Verwaltungsaufwand dranhängt, nur weil sich deutschlandweit 2-3 Personen diskriminiert fühlen könnten. Ich muss langsam auch ernsthaft am Verstand unserer deutschen Politiker zweifeln und finde die Entwicklung bedauernswert.

kleinehexe
kleinehexe 09.11.2017

Ich finde die Entwicklung eigentlich nur konsequent. Unsere Gesellschaft ist auf dem (längst überfälligen) Weg, auch ausgegrenzte Gruppen ernstzunehmen und rechtlich einzubinden - die Homo-Ehe war da ein ganz wichtiger Schritt. In Deutschland leben rund 100.000 Intersexuelle, von denen viele auch durchaus glücklich damit leben. Ein drittes Geschlecht einzuführen, ist ein erträglicher Aufwand und macht für diese 100.000 Menschen einen Riesenunterschied! Denn das Geschlecht ist schließlich für viele Belange (gerade die bürokratischen!) superwichtig. Man denke nur an die Löhne, die für Männer und Frauen sehr verschieden sind! Oft kriegen intersexuelle Menschen deshalb richtige Probleme. Es ist also viel mehr als bloß "Rumgejammer", wenn diese Menschen schlicht als das angesehen werden wollen, was sie nun mal sind: Weder männlich noch weiblich.

@susanne45: Ein drittes Geschlecht ist nicht mit einem "Neutrum" gleichzusetzen, sondern einfach ein drittes, eigenes Geschlecht. Über die Beschreibungen ist man sich ja noch unklar, aber "inter" heißt z.B. einfach nur "zwischen" und deckt damit das ganze Spektrum zwischen Männlein und Weiblein ab, ohne dabei negativ zu werten. "Divers" ist auch im Gespräch und zeigt auch bloß die Vielfalt der Möglichkeiten, die es außer "männlich" und "weiblich" noch gibt.

Zudem denke ich, dass in den aktuellen hass- und diskriminierungserfüllten Zeiten jedes Zeichen von Respekt gegenüber Menschen etwas gutes ist!

jeanluc
jeanluc 09.11.2017

Ich bin entsetzt, wie hier über eine wichtige und richtige Entscheidung geurteilt wird. Man merkt, dass sich keiner von Euch mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Lest doch erst mal etwas darüber und urteilt dann. Vor allem den Kommentar von @sparmami finde ich mehr als bedenklich, ja eigentlich schon unverschämt.

Ein sehr interessanter Bericht, der das Thema einfach und anschaulich erklärt, steht in der Welt. https://www.welt.de/debatte/kommentare/article170438693/Das-dritte-Geschlecht-Es-geht-um-Menschen.html

herrpaschulke
herrpaschulke 09.11.2017

Im Hinblick auf diese Entscheidung des BVerfG tun sich sehr, sehr viele Fragen auf (zumindest bei mir):

  • Auf welche Toilette dürfen diese Menschen gehen? Auf die Damentoilette oder Herrentoilette? Was ist, wenn ein forscher Mann einfach auf die Damentoilette geht und sich bei Empörung einfach als "intersexuell" ausgibt? Wäre das dann in Ordnung?
  • Wie sieht es mit den Vornamen aus? Kommt ein weiblicher oder männlich Vorname in Betracht? Und können die Leute ihren Vornamen nun ändern, wenn sie z.B. nicht mehr Anke, sondern jetzt Thomas heißen möchten?

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