Meine Mutter hat Demenz, was tun?

Meine Mutter hat Demenz, was tun?

17.03.2017 von klauswagner
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Leider wird meine Mutter immer wunderlicher und teilweise sogar aggressiv. Sie ist nicht bloß vergesslicher geworden oder schusselig, es ist schon ein gravierender Unterschied zu früher. Wenn sie merkt, dass sie etwas nicht mehr weiß, dass sie eigentlich wissen müsste, beschimpft sie mich, als könnte ich was dafür. Es ist schwer, das mit anzusehen. Ich denke, es wird sich um eine Demenz handeln. Wie kann ich das überprüfen lassen und was passiert danach? Wie schnell wird es schlimmer werden und wann wird sie eine Gefahr für sich und andere Leute? Vielleicht hat jemand auch schon diese Erfahrung machen müssen. Danke Euch!

Antworten: 3

Beste Antwort
arthur
arthur 18.03.2017

Wie kann ich das überprüfen lassen und was passiert danach?

Es gibt keinen allgemeinen, verbindlichen Demenz-Test, mit dem diese Erkrankung nachgewiesen werden kann. Es gibt im Internet einige Testes mit Fragen, die Angehörigen helfen sollen, die Anzeichen zu erkennen. Aber eine Diagnose ersetzt so etwas natürlich nicht.

Meistens entwickelt sich eine Demenzerkrankung nach und nach. Anfangs ist das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Die Merkfähigkeit und Lernfähigkeit leiden. Im Verlauf der Demenz kann es vorkommen, dass Erkrankte alle Fähigkeiten und Kenntnisse nach und nach verlieren.

Miterlebt habe ich das bei meiner Großmutter, die sich praktisch vor meinen Augen von einer distinguierten Dame zu einem Kind "zurückverwandelte". Erkannt hat sie mich bis zum Schluss, aber in ihrer Gedankenwelt war sie ein junges Mädchen und ich ein alter Kerl.

Diagnose Demenz

In der Regel diagnostiziert ein Arzt eine Demenzerkrankung auf der Grundlage von

  • Anamnese
  • Körperlicher Untersuchung
  • Labortests
  • Für Demenz typische Verhaltensweisen und Veränderungen

Behandlungsmöglichkeiten bei Demenz

Je früher die Demenz diagnostiziert wird, desto besser. Man kann mit Medikamenten gerade in der Anfangszeit einiges machen. Normalerweise wird der Hausarzt von selbst aktiv, wenn ihm demenztypische Veränderungen bei seinen Patienten auffallen. Falls noch nicht geschehen: Sprich ihn unbedingt direkt darauf an.

Wie schnell wird es schlimmer werden und wann wird sie eine Gefahr für sich und andere Leute?

Das kann man leider nicht pauschal beantworten. Es kann langsam schlechter werden, aber auch sehr schnell gehen.

Betroffene sind reizbar, depressiv und wirken oft seltsam verstimmt. Sie interessieren sich plötzlich nicht mehr für ihre Hobbys und wirken emotional weniger ansprechbar. Deine Mutter könnte in diesem Stadium sein. Gefährlich werden kann es jetzt schon, beispielsweise, wenn sie kocht oder technische Geräte bedient.

Wenn die Erkrankung fortschreitet, wird zunehmend die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt. Das heißt schlimmstenfalls, dass Betroffene herumschreien, mit Schimpfwörtern um sich werfen oder sich in einer Weise ausdrücken, die in Gesellschaft normalerweise undenkbar ist. Vielleicht bekommt sie aber auch Schwierigkeiten, überhaupt Wörter zu finden.

Oft verirren sich Betroffene auch in ihrer direkten Umgebung. Sie finden sich nicht mehr zurecht.

Ist die Demenz voll ausgeprägt, ist mit motorischen Problemen zu rechnen. Betroffene können sich oft kaum noch bewegen und werden bettlägerig. Im späten Stadium der Erkrankung sind sie oft nicht mehr fähig, jemanden wiederzuerkennen.

Was du tun kannst:

  • Ruhig bleiben, ruhig bleiben, ruhig bleiben
  • Immer dran denken: Hinter ihrem Verhalten steckt keine böse Absicht. Sie lebt in einer eigenen Welt.
  • Arbeite mit Düften, die sie liebt und die sie beruhigen.
  • Spiele ihre Lieblingsmusik vor.
  • Geh mit ihr alte Fotoalben durch, versuche, sie an gemeinsame Erlebnisse zu erinnern. Gib ihr die Gelegenheit, viel über ihre Vergangenheit zu reden, auch wenn du das schon 1000 x gehört hast.
  • Halte deine Mutter fest, wo immer du kannst, wann immer es geht. Es wird immer Phasen geben, in denen sie ganz „da“ ist. Das tut unendlich weh. Vor allem, wenn sie eine Minute später genauso schnell „weg“ ist.
  • Berührungen sind auch eine Kommunikationsmöglichkeit, die oft mehr sagt als Worte. Das kann ein Streicheln der Hand sein. Berührungen sind überhaupt sehr, sehr wichtig. Alte Menschen werden kaum noch berührt, außer bei Begrüßungen und Verabschiedungen oder wenn der Doktor sie untersucht.
  • Es kann helfen, ihr bei fortgeschrittener Krankheit eine Puppe zu schenken, um die sie sich kümmern „muss“. Das klingt jetzt ein bisschen verrückt. Aber ich habe mehrfach erlebt, dass das funktioniert. Für die demenzkranken Frauen ist eine Puppe, wenn es gelingt, ein Baby. Sie realisieren den Unterschied nicht. Durch das Pflegen und Versorgen fühlen sie sich gebraucht und werden ruhiger.
  • Streite nicht mit ihr. Sagt sie, dass sie 12 ist, ist sie 12. Behauptet sie, dass ihr Essen vergiftet ist, hat sie Recht. Bring das Essen in die Küche, fülle es in andersfarbige Teller und bringe es zurück. Ihre Wahrnehmung ist eine andere. Mit ihr zu diskutieren, macht ihr Angst, regt sie auf und löst nichts.

Pflege und Betreuung bei Demenz

Irgendwann wird es wegen fortschreitender Demenz Zeit, sich Gedanken um Pflege und Betreuung zu machen:

  • Kannst du dich selbst kümmern?
  • Kommt ein ambulanter Pflegedienst in Frage?
  • Kann eine Pflegerin bei euch fest einziehen?
  • Soll es die Unterbringung in einem Pflegeheim sein?

So hart es auch ist: Irgendwann kann der Punkt kommen, an dem es anders nicht mehr lösbar ist.

lillit
lillit 17.03.2017

Wichtig ist in eurem Fall, dass das unbedingt untersucht wird. War sie denn schon bei einem Arzt deswegen? Der Hausarzt kann euch sagen was Sache ist oder euch an einen Spezialisten überweisen, der dann entsprechende Tests macht. Ich habe mal im TV gesehen, wie solche Tests in etwa ablaufen. Dazu gehört unter anderem auch, eine einfache Uhr mit entsprechenden Uhrzeiten aufzumalen usw. Ich würde erstmal abwarten, was die Ärzte sagen. Sollte es doch zu dieser Diagnose kommen, beraten euch die Ärzte entsprechend oder können euch die Adressen von entsprechenden Beratungsstellen geben. Es gibt auch Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige, da kannst du dich evtl. auch mal bei der Caritas erkundigen.

susanne45
susanne45 18.03.2017

Wenn sie schon aggressiv ist teilweise, dann hast Du vermutlich Recht. Gehe mit ihr zum Arzt und bereite den Arzt unbedingt vorher darauf vor. Erzähle ihr von einem Routinecheck oder lass die Praxis bei ihr anrufen, dass sie zum Check kommen soll.

Sie ist in einer Umbruchphase, in der sie sehr viel merkt und dann gar nichts mehr, aber mitbekommt, dass sie die Kontrolle verliert. Das ärgert sie und macht sie auch wütend, weil sie es nicht erfassen und benennen kann und auch sehr viel Angst hat. Sehr schwierig für alle.

Demenz verläuft oft vollkommen unterschiedlich und kein Mensch und kein Arzt wird Dir sagen können, wie es bei Euch werden wird.

Mein Onkel wusste nicht mehr viel, blieb aber total lieb. Man musste sehr auf ihn aufpassen. Er ging einfach irgendwo hin und stieg in einen Bus. Wir hatten ihm ein Schild umgehängt mit unseren Handynummern und Schilder in seinen Taschen. Was haben wir den Mann gesucht in der Stadt. Irgendwann kam der Anruf: „Der Karl steht hier und sucht sie, ich soll anrufen.“ Meine Tante war aber für ihn da und darum konnte er bis zum Ende zu Hause bleiben.

Meine Oma wurde richtig bösartig, trotz völliger Klarheit im Kopf und vollem Erinnerungsvermögen. Sie war bettlägerig und das hat sie so gehasst, dass sie meine Mutter regelrecht tyrannisiert hat.

Die Gefahr für sich und andere wird kommen. Und sie ist besser in einem Heim aufgehoben, als dass sie vor ein Auto läuft. Meiner Oma haben wir den Herd usw. abgeschaltet, als es anfing, damit sie die Bude nicht in Brand setzen kann. Und die Haustüre abgeschlossen. Das war im eigenen Haus, wir unten, sie im 1. Stock.

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