Vorstellungsgespräch: Stärken und Schwächen?

Vorstellungsgespräch: Stärken und Schwächen?

19.04.2017 von judithschmal
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Hallo Leute, ich habe leider gerade meinen Job verloren (Insolvenz der Firma) und bereite mich gerade auf Bewerbungen und Vorstellungsgespräche vor. Die Bewerbungen bekomme ich gut hin. Etwas Sorge bereiten mir die Vorstellungsgespräche…

Meine Freundin wurde neulich in einem Bewerbungsgespräch gefragt, worin ihre Stärken und Schwächen bestehen - und das wird vermutlich auch bei mir gefragt werden. Stärken fallen mir viele ein, aber was kann ich bei Schwächen sinnvoll antworten? Hat da jemand Erfahrung und einen Tipp für mich? Ich danke schon mal vorab.

Antworten: 4

Beste Antwort
arthur
arthur 19.04.2017

@tina68: Leider hat @dorfglucke (cooler Name, übrigens „zwinkern“-Emoticon ) Recht: Dass man einfach eine gut getarnte Stärke äußert, wurde früher immer geraten. Heutzutage ist das Fehl am Platz bzw. funktioniert nicht mehr. Personaler wollen echte Schwächen hören. Und das macht gar nichts, wenn die Stärken anständig präsentiert werden. Niemand ist perfekt. Jeder Mensch hat Stärken, und jeder Mensch hat Schwächen.

@judithschmal: Eine meiner Studentinnen wurde (nach bestandenem Abschluss) beim Vorstellungsgespräch gefragt: "Was können Sie überhaupt nicht?"

Wie aus der Pistole geschossen kam ihre Antwort: "Stricken!"

Das fand der Personalchef witzig, kreativ und schlagfertig. Ihr war in dem Moment einfach das als erstes eingefallen. Sie bekam den Job. Er hat ihr später sogar explizit gesagt, dass das eine tolle Antwort war.

Was man daran sieht: Es geht einfach auch um Spontanität. Man will dich kennenlernen, sich ein Bild von dir machen. Schließlich wirst du eventuell das Team verstärken. Dazu muss der Chef oder Personalchef einschätzen, ob du von deiner Persönlichkeit her gut reinpasst. Er will wissen, bist du ehrlich und selbstkritisch.

Jeder weiß: Bewerber bereiten sich intensiv vor.

In einer aktuellen Harvardstudie kam etwas Spannendes zum Vorschein:

23% der Bewerber nannten tatsächliche Schwächen beim Namen: "Ich prokrastiniere" oder "Ich überreagiere manchmal" wurden genannt. 77% maskierten Schwächen in hübschen Worten wie: "Ich bin zu nett".

Die Forscher wollten natürlich von den Personalern wissen, wem sie den begehrten Job geben würden. Überraschung: 80% wählten die Leute, die ihre Schwäche klar nannten. 

Jeder hat Schwächen. Es kommt gut an, wenn man dazu steht. Das zeigt nämlich:

Ich bin mir meiner Selbst bewusst, kann konstruktiv damit umgehen und nehme Kritik an.

Mögliche Antworten auf die Frage: "Was ist Ihre größte Schwäche?":

1. Ich bin nervös, wenn ich Vorträge halten muss. Aber das versuche ich in den Griff zu bekommen, indem ich mich sehr gut vorbereite und Material zur Visualisierung einbinde. 

2. Wenn ich vor vielen fremden Menschen reden muss, fange ich an zu schwitzen. Es macht mich einfach nervös. Aber ich belege jetzt einen Rhetorikkurs und versuche, möglichst oft in der Öffentlichkeit zu sprechen, damit ich das besser hinbekomme.

3. Bisher habe ich noch nicht viel praktische Erfahrung gesammelt. Aber ich besitze ein breites theoretisches Wissen und bin engagiert und motiviert, meine Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Ich habe eine sehr gute Auffassungsgabe und setze Dinge schnell um. 

4. Ich traue mich nicht, in einer großen Gruppe lautstark zu sagen, wenn ich gegen etwas bin. Vor allem, wenn ich als einziger eine andere Meinung als die Mehrheit vertrete. Ich will niemanden verletzen. Aber mir ist bewusst, dass ich vielleicht dennoch einen wichtigen Punkt ansprechen könnte, der anderen im Team vielleicht noch nicht eingefallen ist. Darum äußere ich mich dann sehr vorsichtig. Manchmal suche ich hinterher ein Vier-Augen-Gespräch. Ich weiß, dass ich daran arbeiten muss.

5. Ich bin sehr ungeduldig. Bei mir muss alles schnell erledigt werden. Andere haben jedoch ein anderes Arbeitstempo als ich. Wenn ich merke, dass ich innerlich nervös und unruhig werde, weil es mir nicht schnell genug geht, atme ich tief durch. Ich habe angefangen zu meditieren, denn mir ist auch klar, dass durch Hektik Fehler passieren, die vermieden werden können, wenn man besonnener agiert.

Erklärung: Die Schwächen werden zugegeben. Gleichzeitig zeigt man: Ich bin mir dessen bewusst und gehe konstruktiv und lösungsorientiert damit um.

tina68
tina68 19.04.2017

Wichtig ist:

  • Keine privaten Antworten
  • Eine Schwäche zu finden, die eigentlich ein Stärke ist

Also „Ich esse gerne Kekse“ oder „Ich trinke manchmal zu viel“ sind natürlich die völlig falschen Antworten. Wenn Du sowas sagst, wenn Du eine echte ehrliche private Schwäche zugibst, kannst Du gleich nach Hause gehen.

Eine gute Möglichkeit ist es zu sagen, dass Du gerne pünktlich bist. Das ist privat eine Schwäche, weil die Leute davon leicht genervt sind, aber beruflich natürlich sehr wichtig.

Genauso sieht es mit Ordnung aus. „Ich bin sehr ordentlich. Manchmal nerve ich meine Familie damit.“ Also so tun, als wäre es eine private Schwäche und die selbst drauf kommen lassen, dass das eine berufliche Stärke ist.

Verstehst Du, was ich meine?

dorfglucke
dorfglucke 19.04.2017

@tina68

Das sind gute Tipps, aber als Mitarbeiterin der Personalabteilung würde ich dann antworten: "Sie sollten uns Ihre Schwächen aufzeigen, nicht noch mehr Stärken".

Und dann?

koelschedirn
koelschedirn 19.04.2017

Ich denke auch, man sollte hier eher bei der Wahrheit bleiben. Gerade Entscheider im Personalwesen sind sehr geschult und merken sofort, wenn Antworten auf die typischen Fragen "auswendig gelernt" wurden.

Ich bin ganz sicher, dass es viel mehr auf Authentizität ankommt, als auf eine aalglatte Person, vermeintlich ohne jegliche Ecken und Kanten. Ehrlichkeit währt immer noch am längsten, das gilt auch bei einer Bewerbung und im Vorstellungsgespräch.

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