Vor drei Wochen ist mein Pony gestorben. Bitte lacht nicht darüber! Ich hatte ihn 14 Jahre, er war wie ein Freund für mich, er hat mir alles bedeutet. Ich war in der Klinik dabei bis zum Ende und durfte auch noch eine halbe Stunde bei ihm sitzen. Es tat unglaublich weh – aber ich konnte nicht weinen. Ich weine auch jetzt nicht, während ich darüber schreibe.
Auch als meine Oma letztes Jahr starb, und die hatte ich auch sehr lieb, habe ich nicht geweint. Und das gibt mir zu denken. Als Kind habe ich ständig geweint. Wenn mir etwas weh getan hat, wenn meine Schwester ungerecht war oder wenn sonst etwas Schlimmes passiert ist. Auch vor Freude im Kino habe ich geheult.
Was ist nur mit mir passiert? Warum kann ich heute (mit 40 Jahren) keine Gefühle mehr zeigen? Diese Gefühlskälte erschreckt mich sehr. Ich würde gerne weinen, den Schmerz herausschreien, aber es geht irgendwie nicht (mehr). Was soll ich machen? Wer oder was kann mir helfen?
Mein Beileid wegen deinem Pony. Es tut immer schrecklich weh, einen treuen Begleiter nach so vielen Jahren zu verlieren! Aber mach dir bitte keine Vorwürfe, weil du nicht weinst. Du bist nicht gefühltkalt - du sagst ja selbst, dass du den Schmerz empfindest. Du bist also kein gefühlsloser Klotz ohne jede Empathie! Du hast einfach nur eine andere Art, mit dem Schmerz umzugehen.
Es gibt so viele Wege, mit Trauer umzugehen... Manche sind fürchterlich nah am Wasser gebaut, andere werden wütend und unausstehlich und wieder andere fühlen sich hundeelend, können es aber nicht zeigen. Alles davon ist normal und in Ordnung! Es ist auch gar nicht so ungewöhnlich, dass sich die Art, mit Trauer umzugehen, im Lauf des Lebens ändert. Wir verändern uns ja alle mit dem Leben. Es wäre nicht gut, sich zu etwas zwingen. Wenn es dir gut tut und die Gefühle, versuch es doch mit Erzählen - egal, ob verbal oder durch schreiben. Es tut gut, wenn die Last von der Seele abfällt.
Du weißt, dass du kein Eisklotz bist. Deine Lieben wissen es bestimmt auch. Und das ist das wirklich Wichtige!
@glafur:
Darüber lacht hoffentlich keiner. Mir tut es wahnsinnig leid! Ich weiß genau, wie sehr man an Tieren hängen kann. Du beschreibst die Beziehung zu deinem Pony so liebevoll, dass ich beim Lesen einen riesigen Kloß im Hals hatte.
@kleinehexe: Genau wie du denke ich, dass man Gefühle nicht zwangsläufig durch Tränen zeigen muss. Ich weine eigentlich nie. Zumindest kann ich mich nicht an eine Situation erinnern, wo mir die Tränen gelaufen wären. Gefühllos bin ich aber dennoch nicht. Bei @glafur ist es aber anders: Sie möchte weinen und kann nicht. Sie leidet darunter.
Mein erster Gedanke war, dass du eine Depression haben könntest. Ich habe gelesen, dass depressive Menschen oft nicht mehr weinen können.
Na ja, @glafur, ich denke, dass Kinder allgemein mehr weinen. Bei denen fließen die Tränen ja quasi sofort. Je älter man wird, desto weniger will man das meistens zeigen. Wenn ein Erwachsener fällt oder sich stößt, flucht er eher, als dass er in Tränen ausbricht.
Hat vielleicht mal jemand negativ auf deinen Tränen reagiert?
Oft sagen Eltern sowas wie:
Gesellschaftlich gilt weinen eher als schwach. Wer weint, zeigt, dass er angreifbar, verletzlich und empfindlich ist. Man will in der Regel ernst genommen werden. Wer berufstätig ist, drückt Tränen eher weg, denke ich.
Dass du nicht weinst, wenn jemand stirbt, sei es nur das Tier oder die Oma, finde ich schon heftig. Wenn du allein bist und du an die schöne Zeit zurückdenkst, kommen dir da wirklich keine Tränen? Selbst wenn nicht... "Gefühlskalt" kommst du nicht rüber.