Was ist der Unterschied zwischen Mord und Totschlag?

Was ist der Unterschied zwischen Mord und Totschlag?

11.07.2017 von alfredjkwak
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Guten Abend!
Ich habe gerade die Nachrichten gesehen, und da haben sie davon berichtet, dass jemand seine Eltern umgebracht hat. Mit einer Sichel erschlagen. Zuerst den Vater, dann die Mutter. Jetzt wird gegen ihn wegen Totschlag ermittelt bzw. es gab schon ein Urteil. Das hat mich doch sehr stutzig gemacht, denn wenn jemand einen anderen mit Absicht tötet, dann ist das doch Mord - oder? Ich dachte immer, Totschlag wäre, wenn jemand durch Fahrlässigkeit zu Tode kommt.
Kann mir mal bitte jemand den Unterschied zwischen Mord und Totschlag erklären?
Danke!

Antworten: 1

jurafan
jurafan 12.07.2017

Guten Morgen Alfred,

du stellst da eine Frage, die sich in jüngster Vergangenheit, auch aufgrund verschiedener, schwer nachvollziehbarer Urteile, sehr viele Menschen stellen. Deshalb werde ich die Unterschiede nachfolgend herausarbeiten und sie möglichst verständlich erklären. Grundsätzlich kann ich vorausschicken, dass sowohl Mord als auch Totschlag Straftatbestände darstellen, die den sogenannten "Vorsatz" miteinander gemeinsam haben.

Wie definiert sich der Straftatbestand "Totschlag"? (§ 212 StGB)

Was ein sogenannter Totschlag ist, definiert sich über § 212 StGB. Er sagt aus, dass eine Tötungsabsicht (Vorsatz!) gegeben sein muss, aber keine qualifizierenden Merkmale für den Straftatbestand "Mord" vorhanden sein dürfen. Wichtiges Kriterium ist auch, dass sich der Vorsatz der Tötung auf das Opfer direkt beziehen muss - Der Vorsatz der körperlichen Schädigung allein (z.B. "Verprügeln") genügt nicht, um im strafrechtlich relevanten Rahmen den Totschlag in Betracht zu ziehen.

Wie definiert sich der Straftatbestand "Mord"? (§ 211 StGB)

Mord ist, wie der Totschlag auch, eine Vorsatztat, die den Tod einer Person bewusst und willentlich herbeiführt. Um den Straftatbestand "Mord" zu erfüllen, muss mindestens eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt werden:

  • Niedriger Beweggrund: ein niedriger Beweggrund ist gegeben, wenn die Tötung auf Grundlage besonders geringer moralischer und sittlicher fußt und deshalb besonders verachtenswert ist.
  • Habgier: Habgier ist ebenfalls ein typisches Mordmerkmal und stellt dem Täter in Aussicht, sofort oder mittelfristig einen Zugewinn zum eigenen Vermögen zu ermöglichen.
    • Der Täter tötet sein Opfer, um dessen Brieftasche zu erlangen.
    • Der Täter tötet sein Opfer in der Absicht, an die Sterbefallleistung seiner Lebensversicherung zu gelangen.
  • Mordlust: Als Mordlust wird bezeichnet, wenn das Töten eines Menschen dem Vergnügen des Täters dient. In diesem Fall müssen weder ein Bezug zum Opfer noch andere Begleitumstände gegeben sein - relevant ist nur der Spaß am Tötungsdelikt selbst.
    • Der Täter tötet sein Opfer um zu sehen wie es ist, jemandem beim Sterben zuzusehen.
  • Tötung zur Befriedigung des Geschlechtstriebs: Wenn der Täter sein Opfer tötet, um seine sexuellen Triebe zu befriedigen, erfüllt er dieses Mordmerkmal.
    • Der Täter tötet sein Opfer, um beim Geschlechtsakt keinen Widerstand zu erhalten.

Diese vier Punkte stellen den Bezug zum Tatmotiv her. Ferner sind auch die Absichten des Täters strafrechtlich relevant und zählen als Mord, wenn folgende Absichten zutreffen:

  • Verdeckungsmotiv: Tötet der Täter sein Opfer mit der Absicht, eine andere Straftat zu vertuschen oder dem Opfer eine Aussage zur Tat unmöglich zu machen, zeigt er die Absicht der Verdeckung.
    • Nach einer versuchten oder vollendeten Vergewaltigung tötet der Vergewaltiger sein Opfer, um der Strafverfolgung zu entgehen.
  • Vorbereitung einer anderen Straftat: Wird die Tötung in der Absicht ausgeführt, eine andere Straftat leichter, schneller oder effektiver durchführen zu können, gilt dieses Merkmal als erfüllt und muss dem Straftatbestand "Mord" zugeordnet werden.
    • Vor der Tür eines Mehrfamilienhauses tötet der Täter einen Anwohner, um an dessen Wohnungsschlüssel zu gelangen. Der Zugang zur Wohnung ist deutlich einfacher.

Auch die Art der Tötung stellt ein zur Einordnung der Straftat relevantes Kriterium dar und wird wie folgt definiert:

  • Heimtücke: Heimtücke setzt voraus, dass das Opfer "arglos" ist und nicht mit einem Angriff rechnen kann, wodurch auch die Verteidigung des eigenen Lebens durch das Opfer ausgeschlossen ist.
    • Die Tötung wird durchgeführt, während das Opfer schläft.
    • Das Tötungsopfer wird mittels K.o.-Tropfen bewusstlos gemacht, bevor die eigentliche Tötung stattfindet.
  • Grausamkeit: Grausamkeit ist gegeben, wenn der Täter das Opfer durch seine Handlungen bewusst sterben lässt, während das Opfer besondere Qualen erleiden muss, bis es zu Tode kommt.
    • Eine Mutter verweigert ihrem Kind die Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr, wodurch es im Verlauf mehrerer Tage und quälenden Schmerzen allmählich stirbt.
    • Ein Täter verbringt sein Opfer in ein versiegeltes Behältnis, wodurch es durch Luftabschluss allmählich erstickt.

Soweit zu den Definitionen für Totschlag und Mord. Jetzt gehe  ich noch kurz auf deine Eingabe zur fahrlässigen Tötung ein, damit das Ganze ein möglichst rundes Bild gibt „lachen“-Emoticon

Wie definiert sich der Straftatbestand "Fahrlässige Tötung"? (§ 222 StGB)

Eine fahrlässige Tötung liegt dann vor, wenn ein Opfer zu Tode gekommen ist, der Tötung aber kein Vorsatz nachgewiesen werden kann.

Wichtig ist hier, dass KEIN Vorsatz zur Tötung erkennbar ist.

In dem von dir geschilderten Fall ist der junge Mann mit einer Sichel losgezogen, um seine Eltern umzubringen. Da ist eindeutig der Vorsatz vorhanden, die Eltern zu töten, weshalb von einer fahrlässigen Tötung keinesfalls die Rede sein kann.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen und Licht ins Dunkel dieses durchaus komplexen StGB-Abschnitts bringen.

LG

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