Wie schreibt man eine gute Hausarbeit?

Wie schreibt man eine gute Hausarbeit?

07.02.2017 von happy
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Guten Abend!
Ich bin gerade im ersten Semester meines Germanistikstudiums. Soweit läuft auch alles prima, die Klausuren sind bis auf eine alle geschrieben und ab nächste Woche sind Semesterferien. Leider ist dann aber immer noch keine Entspannung angesagt, denn ich muss noch eine wissenschaftliche Hausarbeit schreiben! Mit genau der tue ich mich aber ziemlich schwer, denn es ist meine erste und ich weiß gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll und wie ich da am geschicktesten rangehe. Kleinere Hausaufgaben waren kein Problem, aber 15 Seiten wissenschaftliche Arbeit sind nochmal etwas ganz anderes!
Hier gibt es ja mit Sicherheit ein paar Leute, die auch studieren oder schon mit ihrem Studium fertig sind. Welche Herangehensweise könnt ihr empfehlen, was hat sich bei euch bewährt?

Antworten: 5

Beste Antwort
arthur
arthur 08.02.2017

Mein eigenes Studium ist zwar schon ein bisschen her, aber ich bin unter anderem als Dozent für Deutsch und Englisch tätig und unterstütze Studierende regelmäßig beim Anfertigen ihrer Hausarbeiten, Bachelorarbeiten, Master- und Diplomarbeiten.

Die erste Hausarbeit ist aufregend, das verstehe ich gut. Später wird dir das leichter von der Hand gehen. „lachen“-Emoticon

Hier sind meine Tipps, die sich bewährt haben:

Proseminar „Wissenschaftliches Arbeiten“ belegen

Ganz wichtig ist, dass du „Wissenschaftliches Arbeiten“ belegst. Das wird in der Regel in jedem Fachbereich für Erstsemester angeboten. Dort lernst du, wie man eine Bibliothek benutzt, richtig zitiert und was eigentlich wissenschaftlich starkes Schreiben ist.

Regeln zum Aufbau einer Hausarbeit durcharbeiten

Wie eine Hausarbeit formal aussehen muss, wird in der Regel auf Merkblättern ausgeteilt. Lies das in aller Ruhe durch. Daran musst du dich halten. Dort findest du Informationen zu Aufbau und Form. Von Fachbereich zu Fachbereich kann sich das unterscheiden. Informiere dich über die Regeln, die für Germanistik an deiner Universität gelten. Meist muss Times New Roman 12 Punkt genutzt werden. Bei einem Zeilenabstand von 1,5 und den üblichen breiten Rändern sind 15 Seiten sehr wenig Text. Hab also keine Furcht vor der Textmenge!

Thema finden

Als erstes brauchst du ein Thema, eine Fragestellung. Sprich dich mit deinem Professor wegen der exakten Formulierung ab. Notiere Thema bzw. Fragestellung in seinem Beisein und lies ihm den Titel vor, um sicherzugehen, dass du ihn korrekt notiert hast. Bei Gesprächen über Hausarbeiten musst du gut zuhören. Der Professor lässt immer durchblicken, was ihm inhaltlich wichtig ist.

Recherche (Literatur, Internet, sonstige Medien)

Nutze das Internet, aber nutze auch gedruckte Literatur. Suche in Bibliotheken relevante wissenschaftliche Literatur und entsprechende Zeitungsartikel renommierter Persönlichkeiten. (Wikipedia ist als Quelle nicht zugelassen.) Trage alles zusammen, was du finden kannst. Achte darauf, mit den neuesten Auflagen der Bücher zu arbeiten.

Literatur durchgehen

Bei einem Buch solltest du zuerst das Inhaltsverzeichnis durchgehen und gucken, was zu deinem Thema passt. Dann liest du die Einleitung, um zu erfahren, welche Herangehensweise der Autor gewählt hat. Meistens muss nicht das gesamte Werk gelesen werden, sondern nur das, was unmittelbar mit deinem Thema zu tun hat.

Literatur aktiv lesen

Kopiere die relevanten Seiten. (Ja, das wird ein Berg.) Lies aktiv mit mehreren Textmarkern in unterschiedlichen Farben. Markiere Schlüsselwörter, nicht ganze Passagen! Fragen, Anmerkungen und Unklarheiten gehören rechts mit spitzem Bleistift an den Rand. Schlage unbekannte Wörter nach.

Exzerpieren

Fertige dir zunächst eine Vorlage für Exzerpte (Auszüge aus wissenschaftlicher Literatur) in deinem Textverarbeitungsprogramm an. Oben in die Kopfzeile gehört Platz für Autor, Titel, Erscheinungsjahr und Seite(n). Dann brauchst du zwei Spalten: eine große Spalte für relevante Zitate, die du penibel wortwörtlich zitierst oder wo du wichtige Inhalte in eigenen Worten zusammenfasst (paraphrasierst). In die zweite Spalte kommen die Seiten- und Zeilenbelege. Hier musst du sehr sauber arbeiten. Prüfe jedes Zitat. Gerät dir ein Zitat in die Paraphrasierung, musst du auch das natürlich mit Anführungszeichen kenntlich machen und deinen Fund belegen. Das Exzerpieren kann von Hand oder am Rechner passieren. Wiederhole, falls nötig, noch einmal, wie man korrekt zitiert, Fußnoten anlegt und ein Quellenverzeichnis erstellt.

Fertige eine vorläufige Gliederung deiner Hausarbeit an

Dein Wissen über das gewählte Thema ist durch Literaturrecherche und das Durcharbeiten relevanter Literatur gewachsen. Jetzt wird es Zeit, eine Gliederung zu erstellen.

Typischerweise sieht diese Gliederung in etwa so aus:

Titel

Untertitel

  1. Deckblatt
  2. Einleitung (Thema vorstellen, Gang durch die Kapitel: Was willst du wo präsentieren?)
  3. Definitionen (Schlüsselbegriffe erläutern)
  4. Fragestellung und Herangehensweise (Erläuterungen deiner Methodik.)
  5. Hauptteil
    • Aspekt 1
    • Aspekt 2
    • Aspekt 3
  6. Zusammenfassung
  7. Schluss (Mit Ausblick auf weitere mögliche Forschung)
  8. Quellenverzeichnis
    • Literatur
    • Zeitschriftenartikel
    • Websites
    • Filme
  9. Abbildungsverzeichnis
  10. Glossar
  11. Eigenständigkeitserklärung

Dem Professor die Gliederung vorlegen

Steht deine vorläufige Gliederung, brauchst du einen erneuten Gesprächstermin mit deinem Germanistik Professor. Hole dir sein Feedback und höre aufmerksam zu. Er wird Hinweise geben, was an deiner Gliederung gelungen ist, was nicht und was verbessert werden muss. Überarbeite anschließend die Gliederung.

Fang an zu schreiben!

Beginne nicht mit der Einleitung, sondern mit den Definitionen deiner Hausarbeit. Die Einleitung schreibt man zum Schluss, wenn man weiß, was man in welchem Kapitel genau beschrieben hat. Du musst deinen Leser später durch die einzelnen Kapitel führen und ihm erklären, was ihn erwartet. Arbeite Kapitelweise.

Einleitung & Schluss

Einleitung und Schluss müssen zusammenpassen. In der Einleitung sagst du, was du vorhast. Im Schluss erläuterst du, ob du dein Ziel erreicht hast. Diese beiden Teile müssen wie aus einem Guss sein.

Achtung: Dein Professor liest bei deiner Arbeit zuerst die Einleitung, dann den Schluss. Danach prüft er Inhalts- und Quellenverzeichnis. Erst dann widmet er sich dem Hauptteil.

Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter prüft vermutlich deine Zitate und Fußnoten. Darum ist sauberes wissenschaftliches Arbeiten sehr wichtig.

Lektorat

Wenn deine Arbeit fertig ist, lass sie ein bis zwei Tag liegen. Lies sie dann mit frischem Blick erneut und korrigiere Fehler. Danach solltest du sie einem Kommilitonen oder Profi geben, der sie auf Rechtschreibung, Grammatik, Struktur und Verständlichkeit prüft.

Überarbeitung

Arbeite die Korrekturen aus dem Lektorat ein.

Druck, Bindung, Abgabe

Danach musst du vermutlich zwei bis drei Exemplare deiner Arbeit ausdrucken, sie binden lassen und abgeben. Denke daran, dass Copyshops wegen starken Andrangs oft einen Tag länger benötigen. Plane also unbedingt genug Zeit ein.

Mit diesen Tipps zur Anfertigung einer Hausarbeit im Studiengang Germanistik müsste es klappen. „lachen“-Emoticon Arbeite kontinuierlich und fang bloß nicht auf den letzten Drücker an. Dann kann eigentlich nichts schief gehen. Viel Glück!

tina68
tina68 08.02.2017

Ich habe Germanistik studiert zu einer Zeit, die der wir Hausarbeiten noch auf der Schreibmaschine getippt haben. Da lernt man konzeptionelles Denken. Und ich schreibe gerade ein Fachbuch am PC, da hat sich meine Vorgehensweise an die neuen Möglichkeiten angepasst. Ich beschreibe Dir beide Methoden.

Bei der ganzheitlichen Herangehensweise nehme ich mir mein Thema und die Fragestellung vor und beginne mit der Recherche. Ich trage aus allen Quellen die benötigten Fakten zusammen und achte darauf, die Quellen zu notieren und nur seriöse zu verwenden. Nun denke ich nach, bevor ich mit dem eigentlichen Text beginne und mache mir Notizen. Worauf will ich hinaus? Was wird meine Antwort auf die Hauptfrage sein? Wie leite ich zu diesem Fazit hin? Nun schreibe ich eine Gliederung. Ich muss ja mit einer Idee und einem Thema beginnen, die bzw. das ich am Ende des Textes wieder aufgreife. Erst dann beginne ich zu schreiben – und zwar von vorne nach hinten alles in der richtigen Reihenfolge runter, mich an der Gliederung entlang hangelnd. Sie ist mein Gerüst.

Beim Buch und am PC habe ich Themengebiete bzw. Kapitel. Da schreibe ich einfach mal eins zwischendurch, auf das ich gerade mehr Lust habe.

In beiden Fällen notiere ich mir auch immer zwischendurch eine gute Idee oder einen schönen Satz oder eine gute Formulierung, die ich dann irgendwann irgendwo an einer passenden Stelle einbaue.

Ich hoffe, ich konnte helfen.

alex0305
alex0305 14.02.2017

Ich empfehle dir erst einmal ein grobes Konzept zu erstellen. Was möchtest du an Themen bzw. Unternehmen in die Arbeit einbringen? Gibt es Vorgaben die du beachten musst? Sobald ich das grobe Konzept habe, fange ich immer mit einer kalten Recherche an. Ich sammle Informationen zu den rausgesuchten Punkten und fange dann an zu sortieren. Erst einmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht, aber das hat ganz schnell ein Ende und man sieht den roten Faden hinter allem. Viel Erfolg! Und nie den Mut verlieren, auch wenn es mal schwer wird zwischendurch.

happy
happy 16.02.2017

Guten Abend,

Danke für die hilfreichen Tipps. Ich habe mir jetzt erstmal eine Struktur und einen groben Plan überlegt und bin dann damit zum Dozenten gegangen. Der fand es bis auf ein paar kleinere Dinge gut und jetzt stecke ich mitten in der Recherche. Soweit geht es gut voran!

@Arthur: Toll, dass sich hier sogar ein Dozent zu Wort meldet! Ich arbeite gerade hauptsächlich nach deiner Anleitung und hangel mich daran entlang. Es ist schon sehr erleichternd, eine Orientierung zu haben! Für das Proseminar ist es für dieses Semester jetzt natürlich zu spät, ich habe mir aber schon das fürs nächste Semester notiert.

arthur
arthur 16.02.2017

@happy: Es freut mich, dass ich dir helfen konnte! Das Proseminar "Wissenschaftliches Arbeiten" ist Gold wert. Sehr gut, dass du das nächstes Semester belegen wirst! Was man dabei lernt, legt Grundlagen für das gesamte Leben als Wissenschaftler.

Noch ein Buchtipp dazu: Ich empfehle Wolf Schneider "Deutsch fürs Leben. Was die Schule zu lehren vergaß". Denn wissenschaftlich starkes Schreiben will ebenfalls gelernt sein. Viel Glück für deine Hausarbeit und dein Studium!

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