Eidesstattliche Versicherung?

19.04.2017 von butterblume
958 mal gelesen 3 Follower

Ein Bekannter von mir steckt aus privaten Gründen finanziell schlimm in der Klemme. Gestern hat er mir erzählt, dass ihm jetzt sogar eine Zwangsvollstreckung droht und dass er dafür auch eine eidesstattliche Versicherung ablegen muss. All das belastet ihn sehr und er hat so viel erzählt, dass ich gar nicht mehr hinterher kam.

Leider verstehe ich überhaupt nichts von rechtlichen Sachen und konnte ihm deshalb auch nicht wirklich helfen. Weil er so neben der Spur war, wollte ich ihn aber auch nicht mit weiteren Fragen belasten. Aber ich würde gerne verstehen, was da eigentlich passiert. Was genau ist denn eine eidesstattliche Versicherung und warum muss man die ablegen? Ist sie etwas schlimmes? Und was muss er dafür überhaupt tun?

Antworten: 3

Beste Antwort
arthur
arthur 21.04.2017

Ist man als Selbständiger hoch verschuldet, wird das Leben zur Hölle. Rechnungen können nicht bezahlt werden. Aus Rechnungen werden Zahlungserinnerungen und Mahnungen. Irgendwann kommt Post von Inkassobüros und Post von Anwälten. Bankkredite können nicht mehr bedient werden. Bleiben Lieferanten auf den Kosten sitzen, stellen sie Lieferungen ein. Dadurch kommt das vermutlich eh schlecht laufende Geschäft vollends zum Erliegen.

Zusätzlich zu den materiellen Problemen kommt Verzweiflung. Partnerschaften leiden, denn die Geldsorgen überschatten irgendwann alles. Es muss etwas passieren, dringend, denn der Schuldner schafft es nicht mehr aus eigener Kraft und lebt nur noch in Angst. Viele machen irgendwann die Post nicht mehr auf.

Gläubiger können bei Gericht einen Vollstreckungstitel erwerben. Irgendwann passiert das in der Regel auch. Denn natürlich sind das auch Betriebe, die auf ihr Geld angewiesen sind.

Dann kommt der Gerichtsvollzieher beim Schuldner zur Pfändung vorbei. Ist nichts vorhanden, was sich zu Geld machen und die Schulden begleichen lässt, reicht also das „Vermögen“ zur Deckung der Schulden nicht, bleibt Schuldnern oft nur die Eidesstattliche Versicherung. Früher nannte man das auch „einen Offenbarungseid leisten“. Gläubiger können eine Vermögensauskunft verlangen, selbst dann, wenn Vermögen vorhanden ist, aus dem Schulden teilweise bezahlt werden können. Dann erstellt der Gerichtsvollzieher eine Vermögensauskunft.

Das Abgeben einer EV ist das Schreckgespenst der Selbständigen und Freiberufler. Darum ist dein Bekannter vermutlich so verzweifelt. Aber eigentlich ist es zugleich eine Hilfe.

  • Der Schuldner muss ein Vermögensverzeichnis mit genauen Angaben zu Einkommen und Vermögen erstellen (lassen). Erfasst werden z.B. Arbeitsplatz, Lebensversicherungen, Konten, Immobilien. Es muss vollständig der Wahrheit entsprechen. Diese Vermögensauskunft gilt für zwei Jahre. Denn natürlich kann sich die Vermögenssituation zum positiven verändern (Erbschaften, bessere Arbeitssituation, Lottogewinn – Ok, wohl eher unwahrscheinlich…).
  • Danach erfolgt ein Eintrag ins Schuldnerverzeichnis und bei der SCHUFA.

Vorteile:

  • Die amtliche Bestätigung, dass der Verschuldete kein Vermögen mehr hat, aus dem er die Schulden zurückzahlen kann, kann Gläubigern gezeigt werden. Dadurch wird der Druck vom Schuldner genommen.
  • Gläubiger oftmals bereit, sich auf Vergleiche einzulassen und auf einen Teil der Schulden zu verzichten. Manchmal müssen zumindest Mahnkosten und Zinsen nicht entrichtet werden, sondern nur noch die Hauptforderung. Eine EV kann also die Position eines Schuldners verbessern.
  • Keine Pfändungen
  • Kein Ärger mit Inkassobüros mehr

Nachteile:

  • Man ist nicht mehr kreditwürdig.
  • SCHUFA-Eintrag (dadurch keine Handyverträge mehr, Probleme bei Wohnungssuche, Schwierigkeiten bei Eröffnung eines Girokontos etc.)
  • Ratenkäufe sollte man nicht mehr tätigen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass man die Raten nicht zahlen kann, ist hoch. Man könnte unter Betrugsverdacht geraten.

Wie geht es weiter?

  • Die EV bedeutet keine Entschuldung! Der Schuldner sollte sich also so schnell wie möglich um Entschuldung bemühen und sich dafür an eine Schuldnerberatung wenden, die ihn unterstützt.
  • Die Vermögensauskunft wird beim Amtsgericht aufbewahrt. Gläubiger, die sich noch melden und eine Zwangsvollstreckung erreichen wollen, werden darüber dann sofort informiert.
  • Dein Bekannter sollte sein Konto zum Pfändungsschutzkonto erklären lassen.

Warum keine Privatinsolvenz?

Meistens kommt der Weg der Verbraucherinsolvenz für Selbständige nicht in Frage, es sei denn, es gibt weniger als 20 Gläubiger, die finanzielle Forderungen haben, und keine Verbindlichkeiten gegenüber Angestellten.

Vielleicht kann er zugleich Privatinsolvenz anmelden und so Entschuldung erreichen. Du müsstest deinen Bekannten fragen, was er vorhat…

kornblume
kornblume 20.04.2017

Eine Eidesstattliche Versicherung muss gegenüber dem Gerichtsvollzieher abgegeben werden, um sich zu wahrheitsgemäßen Angaben zu verpflichten. Diesem wird vorher eine Liste mit pfändbaren und nicht pfändbaren Gegenständen/Vermögensgegenständen übergeben, deren Richtigkeit durch diese Eidesstattliche Erklärung bestätigt. Macht man hier falsche Angaben, sprich verheimlicht man Wertgegenstände oder Vermögen, das gepfändet werden könnte, macht man sich strafbar.

susanne45
susanne45 20.04.2017

Eine eidesstattliche Versicherung ist ein schriftliches Versprechen auf Ehrenwort – das aber auch nachgeprüft werden kann und wenn Du falsche Angaben gemacht hast, hast Du ein Problem. Du behauptest, dass etwas der Wahrheit entspricht. Das rettet Dich für den Moment, aber die Kontrollen werden folgen. Einen Eid ablegen. Etwas schwören. Es ist nur eine Maßnahme, bevor die komplette Darlegung und Offenlegung folgt.

Und sei vorsichtig (bzw. sage es Deinem Bekannten) – bei falschen Angaben „an Eides statt“ kann man strafrechtlich verfolgt werden!

Anzeige

© 2024 werweiss.de