Was ist eine Systemische Beratung?

28.02.2017 von mumpitz
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Guten Tag!
Ich habe nun schon so oft die Begriffe "Systemische Beratung" und "Systemische Therapie" gehört und gelesen, besonders im Bezug auf familiäre Konflikte, aber ich weiß damit absolut nichts anzufangen. Ist das ein neuer Trend? Kann es jemand für einen Laien erklären, was ist daran so gut bzw. wo liegt der Unterschied zu normalen Therapien? Was wird da genau gemacht?

Danke sehr,
VG
Gertrud

Antworten: 2

Beste Antwort
blechtrommel
blechtrommel 28.02.2017

Hallo Gertrud,

unabhängig vom spezifischen Kontext versuche ich dir mal auf die Schnelle, den Hintergrund zum Begriff "systemisch" zu vermitteln.

Eine systemische Behandlung bedeutet eine "ganzheitliche" Behandlung. Ich kann es dir nur anhand eines medizinischen Beispiels näher bringen, deshalb nutze ich ein solches jetzt direkt. Stell dir vor, du hast eine ständig "verstopfte" Nase. Für gewöhnlich würde man da einfach mit Nasenspray arbeiten - das Symptom wäre kurzzeitig verschwunden. Eine systemische Behandlung umfasst nicht nur die Arbeit am Symptom selbst, sondern untersucht auch auslösende Prozesse. Es kann an trockener Raumluft, an einer chronischen Erkrankung oder an anderen Ursachen liegen. Zum Einen ist also die Diagnosefindung ganz anders aufgebaut und zum anderen werden auch Begleitsymptome bzw. die Ursache selbst in Angriff genommen.

Bei familiären Konflikten könnte ich mir vorstellen, dass eben nicht nur die direkten Konfliktparteien, sondern auch deren Umfeld in die Konflikttherapie mit einbezogen werden. Das ist insofern sinnvoll, weil jeder Konflikt in der Regel aus vielen kleineren Reibereien unterschiedlichster Natur entsteht.

Konnte ich dir damit weiterhelfen?

LG, Micha

arthur
arthur 28.02.2017

@mumpitz: Hallo Getrud, 

"Systemiche Beratung" oder "Systemische Therapie" sind keine so neuen Begriffe. In meinem Erststudium (Psychiatrie 1992-1997) war das schon Thema. Als Psychotherapie anerkannt ist die Systemtherapie in Deutschland allerdings erst seit 2008.

Kurz gesagt: Man geht bei diesem Ansatz davon aus, dass Familien "Systeme" sind. Niemand ist eine Insel. Alles hängt miteinander zusammen. Das schwächste Glied des Systems bricht für gewöhnlich bei Konflikten zusammen und entwickelt psychische Probleme beziehungsweise Störungen. Meistens sind das die Kinder. Ihnen fehlen Abwehrmechanismen und Bewältigungsversuche, wie Erwachsene sie anwenden. Sie werden zu Symptomträgern für Störungen und emotionale Schwierigkeiten der gesamten Familie, des gesamten Systems.

Wenn Eltern mit einem Kind beim Psychiater oder Therapeuten vorstellig werden, dann präsentieren sie das Kind mit seinem Problem. Aber sie realisieren nicht, dass sie als Teil des Systems "Familie" einen Teil der Verantwortung für dieses Problem tragen. Manchmal sind sie sogar ungewollt alleiniger Verursacher. Bei einer Systemtherapie guckt man sich die Interaktionen in der Familie und ihr soziales Umfeld an.

Die Bezeichnung "Patient" wird meistens nicht verwendet. Man spricht von Klienten oder Kunden. Zu Beginn der Therapie vereinbaren Therapeut und Familie, welche Ziele erreicht werden sollen. Man setzt generell eher weniger Termine an, denn die Familie ist gefordert, viel Eigeninitiative zu zeigen. Die Dinge ändern sich nur, wenn man die Dinge selbst ändert. Es werden auch "Hausaufgaben" gegeben, die bis zur nächsten Sitzung erfüllt sein sollten.

So viel erst mal in Kürze. Ich habe versucht, es nicht zu kompliziert auszudrücken. Falls du Fragen hast, frag ruhig! „lachen“-Emoticon

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