Ich muss für eine Hausarbeit demnächst ein Gedicht interpretieren. Ein paar Ideen, was da alles hinterstecken könnte, habe ich sogar schon! Doch leider ist meine letzte Interpretation schon ein paar Jahre her, denn die habe ich damals in der siebten Klasse geschrieben. Und wenn ich mich richtig erinnere, war die Note dafür auch nicht einmal besonders gut.
Bevor ich planlos in die Tasten haue und damit eine Katastrophe heraufbeschwöre, würde ich mich deshalb über ein paar gute Tipps freuen. Worauf kommt es bei einer Interpretation an? Was sollte unbedingt rein und was sind die No Gos? Wie viel eigene Meinung ist erlaubt und wie formuliere ich die am besten?
Eine Interpretation ist schon zum Teil Deine eigene Meinung, wie Du den Sachverhalt verstanden hast.
Zunächst ist die Fragestellung wichtig. Ist die Frage vorgegeben oder bekommst Du einen Text und sollst den interpretieren? Dann beginne damit, worum es im dem Text geht (Beispiel: Es handelt sich um ein Theaterstück aus dem Jahr xyz, in dem ein junger Mann und eine junge Frau sich ineinander verlieben. Da ihre Eltern miteinander verfeindet sind, dürfen sie nicht zusammen sein.) Etwas ausführlicher natürlich.
Dann stelle eine Frage und finde am Ende Deines Textes eine Antwort darauf.
Die Frage sollte klug gestellt werden. Es wäre dämlich zu fragen, wie sich Shakespears Frauenbild im Laufe seiner Stücke entwickelt hat, da kannst Du nämlich ein Buch drüber schreiben. Frage sowas wie: Es handelt sich um eine tragische und unglückliche Liebesgeschichte. Hätte diese auch gut ausgehen können? Welche Missverständnisse lagen vor?
Dann beleuchtest Du alle Aspekte dazu einzeln. Manchmal gibt es auch mehrere Möglichkeiten und da ist es gut, beide zu erwähnen. Da kommen wir auch zur Interpretation. Etwas ist vorgefallen und der Leser weiß mehr als die handelnden Personen. Romeo denkt, Julia sei tot und tötet sich ebenfalls. Als sie erwacht und ihren Geliebten tot sieht, tötet sie sich auch. Naja, zumindest versöhnen sich die Eltern dann am Grab.
War Romeo wirklich verliebt oder nur in den Gedanken verliebt, verliebt zu sein? Welche Textpassagen deuten darauf hin? War es Schicksal, dass die beiden Liebenden sich nicht finden konnten?
Was bedeutet es, wenn ein Autor irgendetwas schreibt? Meint er immer genau das, was da steht oder kann die Sache noch eine andere Bedeutung haben oder einen anderen Hintergrund? Mit xyz könnte der Autor auch gemeint haben, dass xyz Lies zwischen den Zeilen!
Grundsätzlich ist es gut, Deinen Text mit einer Sache zu beginnen und mit der gleichen wieder zu enden. Das macht die Sache rund.
Ich hoffe, es hilft ein bisschen.
Bei einem Gedicht ist das Versmaß auch wichtig und die Zeit, in der es entstanden ist. Schau Dir mal an, wann es war und wo der Autor zu der Zeit gelebt hat. Im Dritten Reich beispielsweise war keine Regimekritik erlaubt und wer nicht nach Amerika ausgewandert ist, sondern in Deutschland geblieben war, hatte keine Möglichkeit, offen und ehrlich zu schreiben, was er dachte. Erich Kästner hat keine netten Kinderbücher geschrieben. Er hat die Regierung kritisiert. Das muss man aber erkennen können. Ein Gedicht von Rainer Maria Rilke hat eine völlig andere Bedeutung wenn man weiß, dass er als Mädchen erzogen wurde. Das gehört aber alles in den Schlussteil, in Dein Fazit und Deine Wertung.
So könnte der Aufbau sein:
Fragestellungen und Ansätze für Dich:
Danke für eure unglaublich produktiven Antworten! Vor allem, weil sie sich so gut ergänzen.
Welches Gedicht ich analysieren muss, weiß ich noch nicht, es wird aber voraussichtlich eines von Thomas Mann sein, Ich denke, da lässt sich gerade mit dem geschichtlichen Hintergrund einiges machen! Zumal er ja als Künstler sehr aktiv war und auch politisch einiges zu sagen hatte.