Sinnkrise, was kann ich tun?

Sinnkrise, was kann ich tun?

04.03.2017 von polaris32
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Guten Morgen!
Ich hoffe hier kann mir jemand helfen, der vielleicht schon mal etwas Ähnliches durchgemacht hat.
Ich bin jetzt 32 Jahre alt und mir geht es eigentlich, aber nur eigentlich, richtig gut. Ich habe einen tollen, gut bezahlten und sicheren Job, eine wunderbare Partnerin, mit der ich auch ein 3-jährige, zauberhafte Tochter habe, ich bin kerngesund, körperlich fit.. alles scheint gut, doch in letzter Zeit frage ich mich immer häufiger Dinge wie "Wozu das alles?", "Gibt es noch was anderes im Leben?", "Ist das der Sinn des Lebens?". Ich frage mich auch, ob ich in einem alternativen Leben nicht viel glücklicher sein könnte. Und das selbst finde ich schlimm, weil ich meine Partnerin und Tochter über alles liebe und auch an meinem Job hänge. Aber die Zweifel und die Fragen nach dem Sinn sind einfach da und ich kann nicht dagegen an „traurig“-Emoticon
Deshalb meine Fragen an Euch:
Ist das ganz normal, das man das mal im Leben hat? Wie soll man idealerweise mit so einer Sinnkrise umgehen? Wie lief das bei Euch, wann ging die Krise vorbei?

Über hilfreiche Antworten würde ich mich sehr freuen und ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

Viele Grüße
Marc aus Dortmund

Antworten: 4

Beste Antwort
arthur
arthur 06.03.2017

Die Frage ist: Wie definiert man eigentlich „Lebenssinn“. Wir alle brauchen das Gefühl, dass wir einen Sinn im Leben der Menschen um uns herum haben. Das wir wertvoll sind und wichtig. Genau das ist der Punkt: Dein Leben berührt jeden Tag das unzähliger anderer. Mit einem Lächeln, einer netten Geste, einem lieben Wort, Rat und Tat hilfst und unterstützt du andere. Du hinterlässt überall deine Spuren. Wenn es dich nicht gäbe, entstünde eine riesige Lücke.

Sinn im Leben finden

Du beschreibst eigentlich - von außen betrachtet – ein schönes, fast schon ideales Leben. Da sind sicher viele beim Lesen ganz eifersüchtig. Manche Menschen sehnen sich nach einer liebevollen Familie oder wünschen sich ein Kind. Andere haben keinen gut bezahlten oder sichern oder überhaupt irgendeinen Job. Wieder andere sind nicht gesund und kämpfen sich mit Beschwerden von einem Tag zum nächsten.

Was ich bei dir aber auch sehe: Du hast vermutlich keine Zeit, irgendetwas zu genießen. Ein gut bezahlter sicherer Job bedeutet auch: Du bringt Höchstleistungen dort und hast wenig, vielleicht keine Freizeit. Eine Familie mit kleinem Kind heißt: Du wirst als Vater in jeder freien Minute gebraucht. Dass du viel verdienst zeigt: Materielle Sorgen gibt es nicht. Es zeigt aber ebenso: Vielleicht sind materielle Bedürfnisse und Pflicht alles, was du im Moment in deinem Leben kennst. Das kann Depressionen auslösen. Manchmal nennt man das auch Burnout. Man steckt in einem Karussell, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint. Das Leben wirkt hohl, leer.

Das ist nicht alles.

Ich frage mich auch, ob ich in einem alternativen Leben nicht viel glücklicher sein könnte.

Wie würde dieses alternative Leben aussehen? An was denkst du dabei? Vielleicht kannst du einiges davon auch in deinem jetzigen Leben einbauen. Was würde dich glücklich machen?

Es bringt nichts, diese Gedanken wegzuschieben, zu verdrängen und zu ignorieren, nur weil andere dich nicht verstehen. Es  ist dein Leben. Es ist kostbar und einzigartig. Dir ist jeder Moment nur einmal gegeben. Wir Menschen verplempern so viel Zeit mit unwichtigen Dingen… Es ist gut, dass du dir Gedanken machst und diese Gedanken zulässt. Nur dann kannst du auch etwas verändern

Gedankenanstöße für ein erfüllteres Leben:

  • Brauchen wir so viel Geld? Muss ich Vollzeit arbeiten oder wäre ich mit einer Dreiviertelstelle und etwas weniger Geld nicht glücklicher und zufriedener, weil ich mehr Zeit habe?
  • Muss ein Leben im jetzigen Stil sein? Oder geht es nicht auch reduzierter? Brauchen wir zwei Autos, drei Fernsehgeräte, zwei Ankleidezimmer? Wer weniger besitzt, muss weniger arbeiten, weniger putzen und weniger beschützen. Alles, was wir kaufen, ansammeln und hinstellen macht NICHT glücklich. Den Kick erlebt man kurz, wenn man es kauft. Vielleicht noch einmal, wenn man das gekaufte Stück auspackt. Und das verebbt es, wie nie gewesen.
  • Habe ich ein Hobby, was ich liebe und nur betreibe, weil es Spaß macht? Falls nicht: Such dir eins. Nimm dir diese Zeit für dich.
  • Wie sieht es mit Sport und Bewegung aus? Seinen Körper zu spüren, macht glücklich. Das kannst du auch mit Frau und Kind zusammen machen. Ihr müsst nur etwas suchen, was allen Spaß macht. Schwimmen bietet sich an.

Wenn du dein Leben wieder aktiver gestaltest, wirst du dich besser fühlen. Triff wieder bewusste eigene Entscheidungen, die Konsequenzen haben.

Achtsamkeit: Das Leben bewusst genießen

Bleibt dir noch Zeit, um einfach ein bisschen zur Ruhe zu kommen und die kleinen, schönen Momente des Lebens zu genießen? Stichworte: Achtsamkeit, Wahrnehmung, Zeit. Das Leben muss man auch spüren. Es zulassen und an sich heranlassen. Du musst wieder selbstbewusst im Sinne von „dir selbst bewusst“ werden.

Was dir dabei helfen kann:

  • Spaziergänge im beginnenden Frühling
  • Ruhige Gespräche mit deiner Frau
  • Kuscheln beim Fernsehen auf dem Sofa
  • Ein freies Wochenende an einem anderen Ort, ganz ohne Stress, Zeitdruck und Pflichtprogramm (organisiere eine Kinderbetreuung)
  • Auf der Arbeit kürzer treten
  • Reisen, um neue Eindrücke zu gewinnen
  • Dich einem Therapeuten anvertrauen

Gerade der Aufenthalt in der Natur, das Laufen im Wald, das Spazieren durch Parks, ist ungeheuer wichtig. Dabei kommt dein Gehirn wirklich zur Ruhe. Smartphone, Laptop & Co. Bleiben dabei natürlich zu Hause.

Träume

Ganz wichtig sind Träume und übergeordnete Ziele, die über das Abwickeln des Alltags hinausgehen. Das spornt an. Darum finde ich die Idee eines ehrenamtlichen Engagements auch hilfreich.

tobias
tobias 04.03.2017

Damit bist Du nicht alleine, dem Thema haben wir uns schon öfter angenommen, hier beispielsweise:

https://www.werweiss.de/frage/gibt-es-wirklich-eine-midlife-crisis

Es ist völlig normal, dass man sich ab und zu fragt, wo man im Leben steht und ob man alles richtig gemacht hat. Du bist früh dran, Männer haben diesen Punkt meist, wenn sie um die 40 Jahre alt sind. Aber es schadet nie, über sein Leben nachzudenken.

Schwierig wird es, wenn man vorschnell alles über Bord wirft, was man eigentlich gut und richtig findet, um sich in ein dummes Abenteuer zu stürzen, das habe ich bei Freunden schon erlebt. Bei einem ging es gut, ein anderer hat seine Ungeduld bitter bereut.

Bist Du zufrieden? So liest es sich doch. Dann hör auf zu jammern und freue Dich über das, was Du erreicht hast. Kauf Dir ein geiles Auto, Du kannst es Dir ja leisten, und plane einen wirklich besonderen Urlaub, der Dich an Deine Grenzen bringt.

Bist Du im Herzen unzufrieden? Dann finde raus, was Dich stört. Und ändere es. Wenn Dir Dein modernes Stadthaus zu spießig und zu langweilig ist, dann pack‘ Deine kleine Familie ein und zieh auf’s Land. Bau Gemüse an. Oder umgekehrt: Wenn Dir die Vorstadtidylle auf die Nerven geht, zieh in die Großstadt und genieße das pulsierende Leben mit allen kulturellen Angeboten.

Du bist jung genug um alles zu ändern, was Dich stört. Wenn Dich nichts stört, hör damit auf, die mit solchen Gedanken fertig zu machen. Schau Dich in Deinem Freundeskreis um, wie schlecht es manchen Menschen geht. Sie haben vielleicht keine Familie oder keinen guten Job, der ihnen Spaß macht. Und dann werde ein wenig demütiger und dankbarer.

bezzerwizzer
bezzerwizzer 04.03.2017

@polaris32: Ich glaube, solche Phasen durchlebt jeder Mensch irgendwann. Du hast es ziemlich gut mit gutem Job, Frau, Tochter, Gesundheit und finanzieller Sicherheit. 

Von mir kann ich sagen: Ich habe nichts davon. Das würde ich mir alles mal als Endziel wünschen. Aber ich habe die Hoffnung für dieses Leben schon beinahe aufgegeben. Was wäre ich glücklich, wenn ich gesund wäre und einen gut bezahlten, sicheren Job hätte! (Vom Frau und Kind will ich gar nicht erst anfangen...)

Das Leben hat keinen Sinn. Man steht auf, macht seinen Job, geht schlafen und steht wieder auf. Es ist eine Aneinanderreihung von Arbeitseinheiten. Das ist alles. Soll dein Leben mehr Sinn haben, als ein Kind aufzuziehen und deinen Job zu machen, musst du dir etwas extra suchen.

Eine Möglichkeit ist ehrenamtliches Engagement für Tiere, alte Menschen, Kinder, Flüchtlinge, Menschen in Krisengebieten oder die Umwelt. Wenn du für die Verbesserung von etwas eintrittst, investierst du deine Kraft und Energie in etwas, das über dein eigenes Leben hinaus geht. Dadurch gibst du deinem Leben einen gewissen Sinn.

Von sich selbst hat das Leben keinen.

rino
rino 05.03.2017

Hi @polaris32,

zwar bin ich kein Mann, aber ich habe solche Gedanken auch hin und wieder. Und ich kann dir sagen: Bei mir kommen und gehen sie wie Wellen. Und das, OBWOHL ich im letzten Jahr mein Leben vollkommen umgekrempelt habe. Tatsächlich habe ich einen erwachsenen Sohn, und als dieser alt genug war, habe ich alles in D abgebrochen und seit dem in der Weltgeschichte unterwegs. Und DENNOCH frage ich mich ab und an: Und das soll nun alles gewesen sein?

Was mir hilft ist, alles zum Thema persönliche Weiterentwicklung. Ich habe diverse Coachings gemacht, lese viel in dieser Richtung und habe stetig Lust, meine persönlichen Grenzen und Blockaden zu erweitern. DAS macht mich in gewisser Weise glücklich. Das ist ja auch immer mehr am Kommen „laut lachen“-Emoticon

Inzwischen bin ich übrigens an dem Punkt, wenn ich solche Gedanken habe, dass ich mich zurücklehen, entspanne und denke: Ja, das ist mein Leben. Und es ist verdammt Geil.

Alles Gute

Rino

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