Ich mache mir Gedanken um meine beste Freundin. Sie ist 16 Jahre alt, ungefähr 1,65 m groß und wiegt schätzungsweise nur noch 50 kg. Sie isst zwar gelegentlich, aber sehr, sehr wenig. Und wenn dann nur ultra-gesunde Sachen. Wenn man ihr mal etwas anderes anbietet, was vielleicht mehr Kohlenhydrate oder Fett hat, dann weigert sie sich das zu essen.
Beispiel: Wir waren letzte Woche auf dem Weihnachtsmarkt und sie hat weder einen Glühwein getrunken, noch Schmalzgebäck probiert oder eine Bratwurst gegessen. Das waren sonst immer ihre Lieblings-Highlights auf dem Weihnachtsmarkt. Seit einigen Monaten beobachte ich sie, weil wir in der Freizeit viel zusammen abhängen, aber ich mache mir Sorgen. Sie bestellt oft nur Salat, isst verhalten und sieht auch nicht sonderlich gesund aus. Wenn man sie auf ihr Essverhalten anspricht, dann wird sie oft zickig.
Soll ich Ihre Eltern ansprechen oder unsere Lehrer?
Ich mache mir wirklich Sorgen und brauche Unterstützung.
Hi Tony,
also vom Gewicht her finde ich das schon recht bedenklich. Wenn Du solch eine Veränderung in ihrem Essverhalten bemerkt hast, dann geht das sicher in Richtung Essstörung. War Deine Freundin früher vielleicht mal übergewichtig? Gab es krasse Veränderungen in ihrem Leben? Meistens ist es die Psyche, die zu solch einem Verhalten führt.Â
Hast Du sie denn mal direkt darauf angesprochen? Wenn sie Deine beste Freundin ist, dann solltet Ihr ja eigentlich ein recht gutes Vertrauensverhältnis haben und über alles reden können. Wenn sie da nicht zugänglich ist, dann würde ich tatsächlich irgendwann ihre Eltern darauf ansprechen, denn sie müssten ja eigentlich auch längst etwas bemerkt haben bei ihrer Tochter. Den Lehrer würde ich da erstmal außen vor lassen, weil er keine enge Bindung zu ihr hat. Versuch es zunächst in ihrem nahen Umfeld, vielleicht kannst Du ja herausfinden, was sie aktuell belastet? Alles Gute!
50 kg sind jetzt nicht wirklich ein normales Durchschnittsgewicht aber Alarmstufe rot ist es auch noch nicht bei ihrer Größe. Abnehmen sollte sie allerdings bei diesem Gewicht auf keinen Fall! Ich würde sie ebenfalls mal behutsam darauf ansprechen, ob es ihr gut geht oder ob sie mit irgendwelchen Problemen kämpft. Zumindest ernährt sie sich, wenn sie denn was isst, gesund. Es muss ja auch nicht jeder Bratwurst & Co. in sich hineinstopfen. War sie früher denn kompakter? Hat sich in ihrem Umfeld, evtl. auch innerhalb der Familie irgendwas verändert? Die Menschen sind ja sehr unterschiedlich. Meine Oma wiegt auch immer nur knapp 50kg (krannkheitsbedingt) und das sieht wirklich nicht gesund aus. Andere wiederum sehen trotz des Gewichts recht gesund aus und ihnen steht diese Figur. Von Fall zu Fall eben unterschiedlich. Versuch sie einfach in ein nettes Gespräch zu verwickeln und sprich sie darauf an. Schließlich seid ihr befreundet, da sollte es nicht allzu schwer sein über Probleme zu reden. Wenn du einen guten Draht zu ihren Eltern hast, kannst du sie bei Gelegenheit darauf ansprechen, solltest du bei deiner Freundin nicht weiter kommen.
Mit den Kilos ist sie zwar sehr schlank, aber für bedenklich halte ich es nicht. Auch gesund zu essen deutet für mich nicht auf Magersucht hin. Vielleicht hat sie ihre Ernährung umgestellt und testet gerade einiges aus, um sich von ihren alten Gewohnheiten zu distanzieren. Wenn du dir trotzdem Sorgen machst, könntest du ihr anbieten, öfter mal gemeinsam gesund zu kochen, vielleicht nach einem Kochbuch, indem es um bewusste Ernährung geht. Sie bekommt dadurch das Gefühl, dass du sich für sie und ihre neue Ernährungsform interessierst und sie ernst nimmst. Zugleich schaffst du so einen Rahmen, indem sie sich wohlfühlt, weil sie von dem Essen alles essen kann. Ein Weihnachtsmarkt bietet vieles an Versuchungen, wenn man versucht auf sich zu achten, ich kann schon verstehen, dass sie genervt reagiert, wenn sie für sich dort nicht das Passende findet.
Hi Tony, ich schließe mich meinen Vorgängern in jedem Fall an. Falls Du Dir sorgen machst, sprich sie vorsichtig drauf an und sage ihr, dass du dir Sorgen machst. Und vielleicht auch, warum - das Du beobachtet hast, dass sie plötzlich alle ihre Lieblingssachen nicht mehr gerne isst. Und auf dem Weihnachtsmarkt - wo ja in aler Regel gerne gegessen wird - nichts zu sich genommen hat.
Doch was ich auch ganz wichtig finde: Sorge für Dich! Falls Du merkst, dass sie dicht macht, ich das über die maßen beschäftigt oder keine Änderung eintritt, dann schau, dass Du für dich selbst sorgst. Dies kann sein, dass Du den Kontakt zu ihr eingrenzt (ihr aber auch spiegelst, wieso: Das Du dich überfordert fühlst mit der Situation und Dir ihr Verhalten sehr zu schaffen macht) oder dass Du dir selbst Unterstütung holtst.
Oder etwas ganz anderes. Wichtig ist nur, dass es Dir gut geht. Denn sie ändern wirst du nicht, das muss sie selbst wollen (aber vielleicht ist es ja auch nur eine Phase und nächste Woche lacht ihr wieder zusammen und haut euch die Bäuche voll!)
Die Gefahr ist groß, dass sie magersüchtig ist. Alle Anzeichen sprechen dafür:
Ich war selbst anorektisch. Bei gleicher Körpergröße hatte ich mich auf 45 Kilo heruntergehungert. Am Tag habe ich teilweise eine halbe Tomate gegessen, nicht mehr. Dazu habe ich vier Stunden Sport gemacht, bis ich nicht mehr konnte. Wenn mich jemand auf Essen angesprochen hat, ging ich sofort auf Distanz. Niemand kam an mich heran. Ich habe alle kalt angelächelt, das Thema gewechselt oder wurde extrem wütend, wenn man mich nicht in Ruhe ließ.
Dabei wusste ich, dass ich ein Problem hatte. Ich konnte keine Treppe mehr hochgehen, ohne mich am Geländer hochzuziehen. Keine Kraft. Beim Laufen in der Stadt fiel ich einfach um. Passanten haben mir hochgeholfen. Stieß im Supermarkt jemand gegen mich, konnte ich das Gleichgewicht nicht halten.
Freunde und Eltern haben auf mich eingeredet. Ich habe mich immer mehr zurückgezogen. Ging nicht mehr weg. Mich hat das Gerede so unendlich genervt. Meine Mutter drohte mit Zwangseinweisung ins Krankenhaus. Daraufhin brach ich den Kontakt ab.
Mir war alles egal. Ich fand mich unendlich fett und hässlich. Dabei sah ich aus wie ein Gerippe. Wer das nicht erlebt hat, kann sich diese Wahrnehmungsverschiebung nicht vorstellen. Wirklich nicht! Es ist eine sehr ernsthafte Erkrankung.Â
Was mich herausgeholt hat, war die Person, die ich damals liebte. Es war ein einziger Satz: "Oh mein Gott, du hast dir ja deine weiblichen Formen weggehungert." Daraufhin habe ich wieder etwas mehr zu mir genommen. Jetzt wiege ich 60 Kilogramm und halte das Gewicht.
Das klingt irgendwie so, als würde sie nur einen Apfel am Tag essen und das ist nicht wirklich gesund. Der Körper braucht auch Fett und Kohlenhydrate usw., die Ernährungspyramide hattet Ihr ja sicher in der Schule. Das Gewicht finde ich für ein junges Mädchen auch noch nicht bedenklich, obwohl es arg an der unteren Grenze ist und wenn sie so weiter macht, kann sie ganz schnell in eine Magersucht geraten! Wenn sie Deine beste Freundin ist, solltet Ihr unbedingt über alles sprechen können. Sie hat was. Vielleicht ist sie in einen Jungen verliebt, der nur dünne Mädchen mag. Vielleicht hat jemand zu ihr gesagt, sie wäre fett. Du kannst ihr das Gespräch leichter machen, in dem Du mit vertrauen anfängst. Erzähle ihr von einer deiner Ängste oder von etwas, was Du getan hast. Vielleicht öffnet sie sich dann auch. Lass sie von selbst kommen und bedränge sie nicht! Und lass um Himmels Willen die Lehrer und die Eltern aus dem Spiel.