Hallo!
Ich habe ein tolles Angebot von meiner Uni bekommen, dass ich dort für ein Projekt als Grafiker mitarbeiten könnte. Leider suchen sie aber keine Angestellten, sondern ich würde als freier Mitarbeiter die Aufträge bekommen. Mit anderen Worten: Ich müsste mich selbständig machen!
Mit dem Gedanken habe ich schon länger geliebäugelt, da ich Grafikdesign studiere und schon häufiger gefragt worden bin, ob ich nicht Auftragsarbeiten machen möchte. Allerdings wurde ich jetzt schon des Öfteren gewarnt, dass ich dann tierisch aufpassen muss, dass ich nicht als scheinselbständig gelte. Andernfalls gibt es mächtig Ärger mit dem Finanzamt. Das will ich natürlich auf keinen Fall!
Wann genau ist man denn scheinselbständig? Gibt es da bestimmte Grenzwerte oder sonstige Kriterien?
Danke und ein schönes Wochenende!
Du studierst ein zukunftsträchtiges Fach und ich würde an deiner Stelle das Angebot der Uni, als Grafiker bei einem Projekt mitwirken zu können, sofort annehmen! Besser kann es für dich gar nicht laufen. Du sammelst sofort Berufserfahrung und hast den Fuß in der Tür.
Scheinselbständigkeit muss natürlich unbedingt vermieden werden. Wenn du dich selbständig machst und Freiberufler wirst, kann dir dieser Status sonst aberkannt werden, was Folgen für deinen Arbeitgeber hätte. Der muss dann nämlich sämtliche Versicherungsbeiträge nachzahlen – und das kann ein ziemlich dicker Brocken werden.
Das Finanzamt, die deutsche Rentenversicherung und Sozialversicherungen haben ein wachsames Auge auf freie Mitarbeiter, Freiberufler, Honorarkräfte etc., weil manchmal eben doch angestelltenähnliche Verhältnisse vorliegen, der Arbeitgeber sich aber vor seiner Verantwortung drücken will.Â
Als Freiberufler bist du
Den Verdacht der Scheinselbständigkeit kann alle treffen, die selbständig sind und Auftragsarbeiten übernehmen. Freie Mitarbeiter haben manchmal einen Vertrag mit ihren Auftraggebern, die aber kein Arbeitsverhältnis darstellen. Typische Berufsgruppen sind Berater, Grafikdesigner, Texter, Kurierfahrer, Dozenten und Programmierer.
Was ist Scheinselbständigkeit?
Folgende Kriterien werden dabei geprüft:
Für dich bedeutet, dass:
Sollte jemand als „scheinselbständig“ eingestuft werden, hat das ein Nachspiel rechtlicher und finanzieller Art.
Folgen für den Auftraggeber
Der Auftraggeber muss die Beiträge zur Sozialversicherung für bis zu 4 Jahre im Nachhinein entrichten, eventuell sogar plus Säumniszuschläge.
Das Finanzamt kann ebenfalls 4 Jahre rückwirkend auf Lohnsteuernachzahlungen bestehen. Dazu kommen möglicherweise Bußgelder und sogar Gefängnisstrafen.
Folgen für den Auftragnehmer
Sein Status „selbständig“ wird zu dem eines Arbeitnehmers verändert. Das Gewerbe, wenn eines bestand, muss abgemeldet werden, wodurch die Mitgliedschaft bei der IHK ebenfalls beendet ist. Sonst bedeutet die Feststellung der Scheinselbständigkeit mehr Rechte für den Auftragnehmer, die er als Selbständiger nicht hatte. Als Angestellter genießt er sofort Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlungsverpflichtung im Krankheitsfall. Dazu kommen Nettogehaltszahlungen in Höhe des bisherigen Honorars. Â
Die Arbeitnehmeranteile (Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge) für die vergangenen 3 Monate werden vom künftigen Gehalt abgezogen. Außerdem muss der Auftragnehmer seine Rechnungen korrigieren: Die Umsatzsteuer ist ungültig, ein Vorsteuerabzug darf nicht durchgeführt worden sein oder muss an das Finanzamt zurückerstattet werden.
@schroedinger:
Alles Wichtige hat @arthur im Grunde schon zusammengetragen. An deiner Stelle würde ich bei dem Auftrag sofort zugreifen! Du kannst einiges tun, um dich abzusichern und dem Vorwurf der Scheinselbständigkeit schon im Vorfeld begegnen. Die Uni wird sicher auch wissen, wie sie mit Freiberuflern umgehen muss, sodass es keine rechtlichen Probleme gibt. Du bist bestimmt nicht der erste/einzige freie Mitarbeiter, den sie beschäftigen.
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